
Auf Medellín hatten wir uns bereits lange gefreut und von vielen Reisenden nur Gutes gehört. Die Stadt des ewigen Frühlings hat durchgehend ein sehr mildes Klima, was für uns eine willkomene Abwechslung war. Nach der letzendlich 17 Stunden andauernden Busfahrt fühlten wir uns nach einer kurzen Verschnaufpause wieder aktiver und nicht mehr von der Hitze erschlagen.
Da leider Montag war und viele „Attraktionen“ geschlossen hatten, vertrieben wir uns etwas die Zeit und besuchten beispielsweise die kleine & „süße“ Burg El Castillo.
Stadttour durch Downtown
Wir hatten außerdem das Glück an zwei wirklich sehr guten Stadttouren teilzunehmen. Eine von ihnen war die Innenstadttour von „Real City Tours“. Da so ziemlich alle Reisenden im Stadtviertel El Poblado unterkommen, ist „Downtown“ für viele nicht im Radius einer Medellín Reise.
Auch die Einheimischen dort scheinen laut dem Tourguide noch immer nicht an die Vielzahl der Touristen gewöhnt zu sein. Der Guide brachte uns die Geschichte mit Bezug auf die Gegenwart auf so interessante und respektvolle Weise nahe, dass wir sagen können, dass dies unsere bisher beste Free Walking Tour war. Wir lernten viel über das „Wesen“ der kolumbianischen Bevölkerung und sehen viele Dinge nun mit anderen Augen. Er erklärte uns den Wandel von Escobars Drogenstadt bis hin zu einer der sichersten und innovativsten Städte in Kolumbien.

Ein gutes Beispiel sind die „Friedensvögel“ des Künstlers Botero. Während eines Festivals haben in den 90er Jahren Guerillakämpfer eine Bombe in der Skulptur versteckt. Die Explosion tötete mehr als 30 Menschen. Botero bestand darauf den zerfetzen Vogel auf dem Platz zu erhalten und eine neue unversehrte Skulptur daneben zu errichten. Dieser Kontrast soll den Menschen heute zeigen, dass die Gewalt und das Leid der Vergangenheit zu ihrer Geschichte gehört, aber dies als Antrieb für eine bessere und sichere Zukunft genutzt werden soll . Mehr zu Medellín sollten wir aber in unserer nächsten Tour erfahren.
La Comuna 13
Mit der zweiten Tour ging es in die Comuna 13. Das ehemalig gefährlichste Viertel in Kolumbien oder gar in Südamerika ist mittlerweile eine touristische Sehenswürdigkeit. Der einheimische Guide Christian zeigte uns mit Stolz seine Comuna. Hier werden die Geschichten und Emotionen gerne mit Hilfe von Graffiti erzählt und ausgedrückt. Es gibt hier kaum unbemalte Wände.

Dieses Graffiti zum Beispiel soll zum Ausdruck bringen, dass die Regierung an dem 16.10.2002 beschloss mit der Comuna 13 ein Spiel zu „spielen“. Die dort ansässigen Guerillas wurden vom Staatsmilitär und paramilitärischen Gruppen angegriffen. Dabei wurde keine Rücksicht auf Anwohner der Comuna genommen. Von diesem Tag an bis zum 28.10.2002 fanden mindestens 12 Militäroperationen in der Comuna statt. Die staatlichen Streitkräfte verhafteten mehrere hundert Personen, welche angeblich Guerilla Anhänger sein sollten. Einige wurden dabei getötet oder verletzt. Bis heute werden noch mindestens 100 Menschen vermisst.

Nachdem in den Jahren nach 2002 die Guerillas offiziell aus der Comuna vertrieben wurden, starteten zahlreiche soziale Projekte, welche zumal den Stadtteil sicherer machten und den Bewohnern neue Hoffnung schenken sollten. Die in dem Zusammenhang gebauten Rolltreppen stellten dabei einen wahren Entwicklungsschub mit Symbolcharakter dar. .
Christian erzählte uns außerdem sehr tragische und rührende persönliche Kindheitserfahrungen, welche uns schockierten aber zugleich faszinierten. Es war ein komisches Gefühl in den Straßen zu laufen, in welchen vor nicht allzu langer Zeit, Schießereien und Gewalt an der Tagesordnung standen. Die Menschen hier stehen jedoch zu ihrer Comuna und sehen den Tourismus nun als Chance. Sie versuchen mit Projekten, wie Musik, Tanz und Kunst den Wandel der Stadt noch weiter voranzutreiben.
Christian ist hauptberuflich Lehrer, macht jedoch nebenberuflich Touren und bietet Kindern in der Comuna 13 kostenlosen Englischunterricht an. Er engagiert sich für seine Comuna und versucht, wie viele andere Einheimische, die Weiterentwicklung voranzubringen.

Zu diesem Wandel trugen zu einem großen Teil natürlich auch die berühmten Godeln in Medellín bei. Durch diese Urbanisierung und Sozialisierung wurde auch den Menschen in den eng besiedelten & bergigen Kommunen die Möglichlkeit geschaffen sich schnell fortzubewegen. Sie konnten in wenigen Minuten die Stadt, die Arbeit, Supermärkte und medizinische Einrichtungen erreichen. Hierdurch verbesserte sich die Sicherheitslage in Medellín erheblich. Bei unserer Gondelfahrt über die Comunas wurde uns deutlich wie wichtig dieser Schritt für die Menschen hier wohl war.
Auch wenn Medellín kein Synonym mehr für Gewalt und Drogenhandel ist, ist sie natürlich nicht frei von Verbrechen. Einer der wohl bekanntesten Phrasen in Kolumbien hierzu ist "no dar papaya" (Gib keine Papaya)...soll heißen: mache dich nicht zu einem offensichtlichen Ziel für Verbrechen, sei vorsichtig und zeige nicht was du hast.
Über den Kommunen Medellíns
Nachdem wir diese riesige faszinierende Stadt etwas kennenlernen durften, widmeten wir uns einem anderen Abenteuer. Wir gingen das erste Mal Paragliden! Mit neu gewonnenen Freunden schwebten wir bei blauem Himmel über Medellin, Berge und einen Wasserfall. Wir kamen mit wackligen Beinen, voller Adrenalin und grinsend am Boden wieder an. Isabel bekam dann sogar noch eine süße Geburtstagsüberraschung 🙂

Die letzten Tage ließen wir dann ruhiger mit zwei Museumsbesuchen ausklingen.
In Medellin konnten wir unsere Zeit mit vielen wunderbaren Mitreisenden verbringen, viel über die Geschichte der Stadt lernen und das erste Mal Paragliden.
Nachdem bei uns gerade ein Abenteuer das Nächste jagt, ging es direkt weiter in den Amazonas 😄
Mehr Bilder gibt es wie immer HIER.
Hallo ihr beiden,
euer Bericht über Medellin hat mich echt begeistert. Vollkommen andere Bilder erschienen bisher in meinem Kopf, wenn ich an Kolumbien und ganz sicher, wenn ich an Medellin dachte.
Um so schöner, dass nun alles einen anderen Weg geht, als zu Escobars Zeiten. Erstaunlich für mich ist es immer wieder, was der Mensch alles auszuhalten vermag. Und wie schnell er sich wieder erholt und die Stärke aufbringt, die Dinge radikal zu ändern.
Für euch ein großes Glück, Menschen zu begegnen, die beide Epochen erlebt oder zumindest aus erster Hand erfahren haben. Durch eure emotionalen Schilderungen spürte ich förmlich den Geist der Stadt, während ich euren Blog las. Ich konnte den Frühling fast riechen. Und das, obwohl es in der letzten Nacht bei uns gestürmt, geblitzt und geschneit hat.
Viel Spaß und schöne Momente weiterhin für euch beide.
Karin
Na Ihr beiden,
wow das Paragliden war bestimmt eine Überwindung…. aber auch bestimmt ein besonderer Spaß…. @Michi, hattest du da oben deine GoPro nicht dabei?
Jetzt sind wir gespannt auf den Amazonas. Die passende Musik dazu habe ich ja schon gesendet.
Grüße aus der Eifel